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Soldaten des Zentrums Operative Information.                                                                                                                                              Foto: Jan Zawadil
Der Kopf fasst die Eindrücke nicht
 
Einsatzkameratrupp mit Mayener Bundeswehrsoldaten hielt Ausmaße der Flutwelle auf der indonesischen Insel Sumatra fest
Von Jan Zawadil

 

Einer der größten humanitären Einsätze in der Geschichte der Menschheit rollte nach der Flutkatastrophe in Südostasien an. Unter den Helfern waren auch Soldaten der Bundeswehr. Ein Einsatzkameratrupp des Mayener Zentrums für Operative Information war auf Sumatra, um das Geschehen zu dokumentieren - und was die Kameras festhielten, begriffen oft die Köpfe nicht.

 

MAYEN/ACEH. Die Flut schlug wie ein Donnerkeil ins Leben der Menschen von Banda Aceh. Sie verloren ihre Häuser, ihr Hab und Gut oft auch ihre Familien und Angehörigen. Im Auftrag des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr war seit Anfang Januar ein Einsatzkameratrupp (EKT) auf der indonesischen Insel Sumatra, nicht nur, um die Arbeit eines mobilen Rettungszentrums zu dokumentieren, sondern auch, um Bilder aus dem Katastrophengebiet nach Deutschland zu übermitteln.

 

Die Eindrücke, die die fünf in Mayen stationierten Bundeswehrsoldaten mit der Kamera bei ihrem Einsatz sammelten, gingen dabei oft über das menschlich erträgliche Maß hinaus. Hinzu kam der „ständig in der Luft liegende süßlich stechende Geruch", erzählt Oberstleutnant Siegfried Poschitz, Leiter des Dezernates Einsatzkameratrupps im Zentrum für Operative Information in der General-Delius-Kaserne.

 

Der Leichengeruch war das eine, das verseuchte Wasser, das an vielen Stellen der Stadt nach wie vor nicht abgeflossen war, das andere. Hinzu kamen der Monsunregen und die Hitze von bis zu 40 Grad. Beides Faktoren, die die Arbeit erschwerten. „Und sobald es dunkel wurde, fielen die Moskitos ein", sagt Poschitz weiter.

 

Trotz der Katastrophe, der Zerstörung, der unterschiedlichen kulturellen Hintergründe von Helfern und Betroffenen sowie der Tatsache, dass in der Region besonders streng gläubige Moslems leben, lernte der Oberstleutnant die Menschen auf Sumatra als weltoffen kennen. Und trotz der bereits Jahrzehnte dauernden Auseinandersetzung zwischen den Unabhängigkeitskämpfern der Gerkan Aceh Merdeka (Bewegung freies Aceh) und der Regierung hätten die Hilfskräfte aus den unterschiedlichsten Staaten während ihres Einsatzes keine Behinderung ihrer Arbeit erlebt.

 

Rund zehn Meter hohe Welle hatten dabei die Region bei der Flutkatastrophe am zweiten Weihnachtsfeiertag getroffen. An der Nordostküste überraschte das Wasser die Menschen, als es aus dem Landesinneren kam. Denn die Welle schwappte über den Landzipfel einfach hinweg. „Massive Häuser aus Beton wurden weggerissen", erläutert Poschwitz. Boote seien weit ins Land hineingespült worden.

 

Doch nicht nur die Zerstörung machte die Helfer betroffen. „Die Gesichter waren von Hoffnungslosigkeit geprägt. Trotzdem war der Lebenswille da. Die Leute warteten nicht darauf, dass ihnen geholfen wird", meint der Mayener Oberstleutnant. Doch die Hilfe zur Selbsthilfe, die auch mit dem Aufbau des rund 1200 Quadratmeter großen Rettungszentrums geleistet wurde und vorübergehend einen Teil des modernen und nun zerstörten General-Hospitals in Banda Aceh ersetzt, gebe den Menschen ein zusätzliches Zeichen der Hoffnung.

 

Bei seinen Dreharbeiten begegnete das Kamerateam auch einem Studenten, der eigentlich ins Katastrophengebiet gekommen war, um den Überlebenden zu helfen. Seine Hilfe wurde allerdings ganz woanders benötigt: „Sie brauchten ihn nur für die Beerdigungen." Die Bundeswehrsoldaten begleiteten ihn dennoch eine zeitlang. Hielten fest, wie er zusammen mit anderen Helfern etwa zehn Tote pro Tag aus den überschwemmten Feldern oder aus den Trümmern in der Stadt zog.

 

Die fünf Soldaten des EKT verarbeiteten die täglichen Eindrücke in Gesprächen. Denn: „Man ist jedes Mal aufs Neue tief beeindruckt", erinnert sich der auslandserfahrene Offizier. Die Lebensqualität in Deutschland empfinde er deshalb nach jedem Auslandseinsatz intensiver. Trotz der zahlreichen Eindrücke sind dem Oberstleutnant von Sumatra zwei Dinge ganz besonders in Erinnerung geblieben: Das Bild eines lachenden Mädchens, das für ihn die positive Einstellung der Acehnesen ausdrückt und das Zitat eines Fotografen: „Mein Auge sieht es, meine Kamera sieht es - nur der Kopf begreift es nicht."

Erschienen in der Rhein-Zeitung

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